Liebe Frauchen, liebe Herrchen,
in meinem Hundehirn springen die Bilder und Buchstaben dauernd hin und her zwischen herrlichen Fleischtellern und Fastenzeitbildern. Zu meinem Glück liegt der Aschermittwoch schon einige Wochen zurück, die mich so eingrenzende Zeit dauert nicht mehr gar so lange. Und vierzig Tage sind für einen kleinen gefräßigen Hund doch sehr viel. Das brachte mich auf eine Idee, die vielleicht gar nicht so abwegig ist. Wir lesen doch die Hl. Schrift in deutscher Sprache, also in einer Übersetzung. Da kann es doch durchaus passieren, daß beim Übersetzen sich auch Fehler einschleichen. Die erste Übersetzung des Neuen Testaments in die deutsche Sprache leistete vor fünfhundert Jahren Martin Luther auf der Wartburg bei Eisenach. Eisenach nun lag in der DDR, da war das Fasten kein unbekannter Begriff. Es könnte doch nun sein, daß Luther bei seiner Arbeit gerade dies im Sinn hatte – und zwar sehr exzessiv, so daß er wie aus Gewohnheit vierzig Tage schrieb aber nur vier Stunden meinte. Mir jedenfalls käme dies sehr entgegen.
Auch mein Herrchen ist mir hinsichtlich Fastenzeit kein besonderes Vorbild.
Er behauptet zwar, in der Fastenzeit ein Vegetarier zu sein, sitzt dabei aber vor einem saftigen Schnitzel. Und wenn ich ihn hierbei auf einen gewissen Widerspruch hinweise, kaut er und antwortet genüßlich, daß alles, was er hier zu sich nimmt, vor einer Weile noch als saftiges, grünes Gras auf der Wiese stand, also vegetarisch. Wenn ich dann doch darauf bestehen möchte, mit ihm darüber zu diskutieren, dann höre ich nur, daß er mit vollem Mund nicht spreche.
Für alle aber, deren Horizont weiter ist als der Rand des Tellers, können diese Wochen zu einer wertvollen Zeit werden in der sie ihren eigenen Wert und die eigenen Möglichkeiten erkennen und neu schätzen lernen. Vielleicht denken wir wieder einmal an Menschen, denen wir zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben, daß wir nicht zugehört haben, wo es wertvoll gewesen wäre. Manchmal ist es auch bedeutsam, wenn wir unsere Bilder von unseren Mitmenschen neu, von verschiedenen Seiten aus betrachten. Oftmals wird das für uns zum Gewinn. Auch ist es bisweilen sehr bereichernd, wenn es uns gelingt, uns in den Nachbarn hineinzudenken und seine Vorstellungen und Bilder, die wir ihm bieten, zu sehen und damit auch Wahrhaftigkeit und neue Freude aufzubauen.
Allen Krimmlern und allen, die diese Zeilen lesen, wünsche ich nun zusammen mit meinem Herrchen ein gesegnetes und frohes Osterfest mit viel Freude und guter, frohmachender Hoffnung, den Kindern viel Spaß beim Ostereiersuchen – vielleicht findet ihr noch welche aus dem Vorjahr.
Mit fröhlichem Gekläff, Ihr Dackel Niki.
(aus: Osterpfarrbrief 2017)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen