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Donnerstag, 10. Oktober 2013

Gott schenkt uns Zukunft

Bevor ich wusste, in welche Richtung mein Lebensweg führen würde, ging mir oft ein Satz, ein Gebet, durch den Kopf:
"Du bist der Gott, der mir Zukunft schenkt".

Ich dachte dabei an das Volk Israel in der Gefangenschaft. Verzweiflung plage sie, und doch hat Gott sie herausgeführt. Ich dachte auch an Josef, den seine Brüder umbringen wollten. Dann sagte aber sein ältester Bruder Ruben (mein Namenspatron): "»Brüder, wir wollen keinen Mord begehen«.[..] Er wollte ihn nämlich aus ihrer Hand retten und zu seinem Vater zurückbringen. (Genesis 37)".
Friedrich Overbeck, Verkauf Josephs an die Ägyptischen Händler (Wipedia)
Dieser Josef landete in Ägypten. Nach vielen Abenteuern und verzwickten Situationen wird er Vorsteher des Hauses des Pharao, sozusagen die Nummer Zwei im Reich. Seine Familie weiß nichts davon. Sie werden von einer Hungersnot geplagt und kommen zu Josef aber sie erkennen ihn nicht. Nach sehr berührenden Ereignissen gibt sich Josef unter Weinen, so laut das ganz Ägypten es hörte, zu erkennen: "»Kommt doch näher zu mir her!« Als sie näher herangetreten waren, sagte er: »Ich bin Josef, euer Bruder, den ihr nach Ägypten verkauft habt. Jetzt aber lasst es euch nicht mehr leid sein und grämt euch nicht, weil ihr mich hierher verkauft habt. Denn um Leben zu erhalten, hat mich Gott vor euch hergeschickt« [...] Josef küsste dann weinend alle seine Brüder." (Genesis Kapitel 39 bis 45, wunderbare und richtig "große Literatur")
Aus einer durch und durch furchtbaren Geschichte ist etwas Gutes herausgekommen. Die Situation wurde sozusagen "gewandelt".
"Gott schenkt uns Zukunft", auch wenn ich das gerade nicht sehen kann, dieser Gedanke tröstet mich.
Josef gibt sich seinen Brüdern zu erkennen, Francois-Pascal Gerard (bibelwissenschaft.de)

Kenne ich etwa diese Zukunft? Nein! Will ich sie kennen? Nein! Es genügt zu wissen, dass ich niemals alleine sein werde, denn Jesus wird immer bei mir sein. Er schenkt uns immer Zukunft.

"Das Leben geht weiter", sagt man bei uns, "muss weiter gehen." Und es stimmt. Aber nicht einfach so, irgendwie zäh geht es weiter. Jeder Mensch hat einen bestimmten Platz im Leben, an dem er gebraucht wird, einen Platz, der nur für ihn da ist.
Der Selige Kardinal Newman schreibt: "Ich bin berufen, etwas zu tun oder zu sein, wofür kein anderer berufen ist. Ich habe einen Platz in Gottes Erde, den kein anderer hat. Ob ich reich bin oder arm, verachtet oder geehrt bei den Menschen, Gott kennt mich und ruft mich bei meinem Namen."

Und das gilt wirklich für jeden Menschen. Das Traurigste, was einem Menschen passieren kann, ist, dass er das nicht mehr sieht. Wenn ein Mensch beginnt zu denken, dass er keine Aufgabe im Leben hat, dass er ersetzbar ist, dass die eigenen Gedanken, Taten, Wünsche, Träume, Gefühle, Erlebnisse nichts zählen. Niemals dürfen wir das glauben. Beginnen wir doch einfach heute das Richtige zu tun. 
Auch wenn wir erst in der letzten Stunde im Weinberg zu arbeiten beginnen, wird unser Lohn groß sein (siehe das Gleichnis der Arbeiter im Weinberg, Matthäus 20).

Ein jüdischer Gelehrter wurde einmal gefragt: Was muss ich tun, um gerettet zu werden.
Er antwortete :"Bekehre dich einen Tag vor deinem Tod". "Was, nur einen Tag vor meinem Tod?!", rief der Fragende erstaunt aus. "Ja, nur einen Tag vor deinem Tod, wenn du weißt, welcher Tag das sein wird".
Ich soll mich also gerade heute bekehren; und morgen wieder.

So geht es wohl am Lebensweg auf und ab, und doch denke ich mir, dass die Richtung das Entscheidende ist. Das man sich nach Gott ausstreckt. Das man in schweren Zeiten, besonders wenn man das Gefühl hat, seinen Glauben zu verlieren, bittet: "Jesus, nimm mich an der Hand und führe du mich."
Und hoffentlich können wir dann alle einmal auf unser Leben zurückblicken und sagen: Es ist gut Herr, dein Wille geschehe.

Als Mose Gottes Herrlichkeit sehen durfte, wurde er von Gott in eine Felsspalte gestellt. Gott sagte zu Mose: "Wenn ich meine Hand zurückziehe, wirst du mich von hinten sehen. Aber mein Angesicht kann niemand schauen." (Exodus 33 18-23). Dass, so sagten schon die frühen Kirchenväter, bedeutet: Wir können Gottes Spur in unserem Leben erst im Rückblick erkennen.
Er ist bei uns und er schenkt uns Zukunft, noch weit weit über den Tod hinaus.
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PA Ruben (aus: Gemeinsamer Pfarrbrief Herbst 2013)

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