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Dienstag, 19. Januar 2016

Ernsthafter Glaube für eine ernste Zeit

Herbst in Neukirchen, Pfarrkirche mit Schilf
Gab es jemals einen so schönen Herbst? Die Sonne hört nicht auf zu scheinen, Lärchen funkeln golden von den Hängen wie Juwelen im Muttergestein.
Und doch ist es eine ernste Zeit. Schrecken und Grauen sind in unsere Welt eingebrochen. Lange schien alles weit weg, nun ist es ganz nahe gekommen. Besonders durch die persönlichen Schicksale der Flüchtlinge, die bei uns Aufnahme gefunden haben. Es sind nun Menschen mitten unter uns, die ihre Familie im Krieg oder auf der Flucht verloren haben, die um ihre Frauen und Kinder bangen, weil ihr Heimatort vom „Islamischen Staat“ umzingelt ist. Es ist furchtbar.

Ein großer Teil der Flüchtlinge, so wird mir immer klarer, bricht mit ganz falschen Erwartungen zu
Flüchtlinge kochen für die Walder
uns auf. Kann man Ihnen ihr Kommen verübeln? Sie sind davon überzeugt, dass sie bei uns ein gutes Leben, Arbeit und Frieden für sich und ihre Familien finden können. Sie verschulden sich für die Flucht und wenn sie nach Monaten endlich ankommen merken sie langsam, dass sie das von ihnen ersehnte Lebe nicht finden werden. Sie sagen: „Alles ist besser, als jetzt im Irak zu sein“. Doch auf lange Sicht werden sie es sehr schwer haben, sich bei uns ein Leben aufzubauen. Eine deprimierende Situation.

Es ist auch eine Zeit, in der unser Glaube ernsthafter wird. Damit meine ich, dass der Glaube sich vertieft, weil viele Menschen merken, wie sehr sie Gott brauchen. Die menschlichen und staatlichen Vereinigungen scheinen versagt zu haben. Unsere westliche Welt sieht es als große Errungenschaft an, dass Gott nicht gebraucht wird und keine moralischen Grundsätze vorgegeben werden. Und plötzlich ist Europa so kraftlos, planlos und verzweifelt wie noch nie. Was kann uns jetzt noch halt geben? 


Genau in so einer schwierigen Zeit entdecken wir, dass unser Glaube nicht nur eine schöne Tradition ist sondern eine lebensspendende Kraft, die weiterhin wirkt. „Mein Vater ist noch immer am Werk und auch ich bin am Werk,“ versichert uns Jesus im Johannesevangelium. Der Glaube ist nicht etwas, dass einmal war und an das wir zurückdenken weil es schön war oder weil es gemeinschaftstiftend wirkt. Gott wirkt heute und jetzt! Gott will uns heute neue Kraft und neues Leben geben. Er wandelt das Brot in der Messe heute in sich selbst, damit auch wir heute verwandelt werden. Er verzeiht uns heute, damit auch wir heute verzeihen können. Er spricht heute durch die Bibel mit uns, damit unser Herz von seinem Wort erfüllt wird und wir ein Segen für die Welt werden.

Wäre die Kirche eine rein weltliche Angelegenheit, dann könnten wir gut auf sie verzichten. Aber
wenn die Kirche doch, wie Papst Franziskus gesagt hat, die Hand ist, die die Tür zwischen Gott und Mensch offen hält? Dann ist sie unverzichtbar! Ich denke viele Menschen erleben die Kirche gerade so. Denn wenn sie sich leider auch von der Kirche entfernt haben, sie kommen doch zu Allerheiligen an Ihre Gräber und vertrauen  ihre Verstorbenen Gott an, sie wollen doch das Heilige Kind in der Krippe sehen oder den Auferstandenen zu Ostern bestaunen. „Könnte das nicht auch in mir, in meinem Leben geschehen? Jesu Geburt, Jesu Auferstehung…?“ Eine Sehnsucht zieht uns zu Jesus.

Die Tür zu Gott ist einen Spalt weit offen. Die schwierige und herausfordernden Situation, die wir gerade durchleben, ist der beste Moment, sie weiter auf zu stoßen. 
Wir gemeinsam und Gott mit uns!

Euer Pastoralassistent Ruben Weyringer
(aus: Walder Gemeindeblatt Dezember 2015)

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