Seiten

Freitag, 5. Oktober 2018

Nachruf auf unseren Pfarrer Lutz Gottschalk

Nachruf auf Parrer Lutz Gottschalk
Welch ein Segen war es für unsere Gemeinde, als Pfarrer Lutz Gottschalk mit seinem Dackel Moses 12 Jahren in die leer stehende Mesnerwohnung eingezogen ist. Er war ja kein Fremder mehr für uns, denn bereits als Berliner Pfarrer fuhr Lutz ein- bis zweimal im Winter mit „seiner Skijugend“ nach Krimml.
vor

Diese Verbindung zu Krimml und seinen Bewohnern ließ Pfarrer Lutz den Entschluss treffen, seinen Ruhestand bei uns zu verbringen.
So füllte sich das Mesnerhaus wieder mit Leben und Pfarrer Lutz verstärkte seitdem den Pfarrverband Krimml, Wald und Neukirchen. Dankbar bezeichnete ihn Pfarrer Helmut als seinen „15. Nothelfer“, denn Pfarrer Lutz war stets bereit auch nicht ganz einfache Aufgaben im Pfarrverband zu übernehmen.


Pfarrer Lutz hatte sich schnell bei uns eingelebt, er genoss die Spaziergänge mit seinem Dackel und es war schön, sich mit ihm über Gott und die Welt zu unterhalten. Am Dorfgeschehen nahm er regen Anteil, war bei allen Festlichkeiten dabei und erwies jedem Verstorbenen aus der Gemeinde die letzte Ehre.

Die Menschen schätzten seine Bescheidenheit, seinen Humor und lasen gerne die „Geschichten vom Balkon des Mesnerhauses“.
Unser Kirchlein wurde ihm lieb, aber die kalten Winter entlockten ihm den Spruch: „In der Kälte zieht sich alles zusammen, also auch meine Predigt“ oder „Es gibt ein einfaches Mittel gegen die Klimaerwärmung – die Krimmler brauchen nur die Kirchentüre aufzumachen“.

Leider war es um seine Gesundheit nicht gut bestellt und vor 4 Jahren musste sein Bein amputiert
Dackel Niki am Messnerhausbalkon Krimml
werden. Das war eine schwere Zeit für Pfarrer Lutz, aber er hat sein Leiden mit Geduld und Humor ertragen.
Sein Spruch: „Geräuchertes hält länger“!

Dank seines starken Lebenswillen kehrte er nach einem langen Spitalsaufenthalt in seine geliebte Wohnung zurück. Er ließ einen Treppenlift einbauen und legte sich einen fahrbaren Untersatz zu.
Nun war er wieder mobil und Dank der guten Betreuung durch die Damen vom Hilfswerk konnte Lutz seine letzten Jahre mitten unter uns noch genießen.

Der Schlaganfall im März raubte unserm lieben Lutz die letzten Kräfte. Am 6. August ist er sanft entschlafen und genießt nun seine ewige Wohnung im Himmel.
Wir alle werden unseren Pfarrer Lutz sehr vermissen, oft an ihn denken und auf ein Wiedersehen mit ihm in der Ewigkeit hoffen.

Im Namen der Pfarre Krimml Resi Lachmayer

Hier ein Interview mit Pfarrer Lutz von 2014

In Erinnerung an Pfarrer Lutz hier einige Ausschnitte aus Lutz' ersten Text für unseren Pfarrbrief, Sommer 2006, in dem er sein spannendes Leben beschreibt:

"Mein Abschiedsbrief von der Berliner Gemeinde schloss mit dem Satz: "Ich bin so froh darüber,
dass ich mit dem großen Glück beschenkt wurde, inmitten so viel guter Menschen Erlebnisse zu sammeln, deren Erinnerung mir immer wieder das Hundeherz aufgehen lässt, wenn ich auf dem Balkon sitze, über das Dorf und die Wasserfälle auf die Berge schaue und einfach glücklich bin." Genau das ist eingetreten: Ich bin einfach glücklich. Wenn es Sie nicht zu sehr langweilt, will ich noch ein paar Sätze über mein Herrchen verlieren (ich muss ja auch an den denken, der mir anständig
den Futternapf füllt).
Er kam 1943 in Glogau in Niederschlesien, das liegt an der Oder, auf die Welt. Er hatte da schon einen Bruder und eine Schwester. Im Dezember 44 kamen noch zwei Brüder hinzu. Die Zeit des Zusammenbruchs trennte die Mutter, die mit den beiden Neugeborenen im Krankenhaus war, vom Rest der Familie, der Vater war im Krieg. Er hat dann auch Mutter und einen der Zwillinge nie gesehen. Im Januar 45 packte eine Schwester der Mutter den Familienrest und es begann die Flucht, die im Erzgebirge endete. Die Tante fand im Sommer 45 dann das Grab ihrer Schwester in Naumburg, die Zwillinge entdeckte sie ein Jahr später in Bayern. Sie kämpfte sich über die Grenze in die amerikanische Zone dorthin durch, um beide abzuholen, fand aber nur noch einen am Leben.

Sie war, wie viele Frauen damals, eine sehr tapfere und fleißige Frau, für die es Begriffe wie "das geht nicht" überhaupt nicht gab. Dort oben im Erzbgebirge, auch einer wunderschönen Gegend (jedenfalls für Kinder, für diejenigen, die für das Essen sorgen mussten, war es schwer), begann dann in einer winzigen Schule (insgesamt 12 Kinder, die als erste bis vierte Klasse in einem Raum unterrichtet wurden) die Schulzeit. Elf Jahre später im Mai erfolgte die Flucht nach Westberlin, dorthin war die Grenze ja noch verhältnismäßig offen.
Dort Schulzeit bis zum Abitur 1964 im Canisius-Kolleg, einer Schule der Jesuiten, ob er sich in dieser Zeit für seinen späteren Berufsweg entschied, weiß ich nicht. Ich glaube, es war eher der Pfarrer im Erzgebirge, ein Don-Camillo-Typ, der ihn sehr beeindruckt hat.
[...]
Nach drei Kaplansstellen kam die Pfarrei "Vom Guten Hirten" in Berlin-Marienfeld. Und hier blieb er nun fünfundzwanzig Jahre lang, was natürlich für die Glaubensstärke dieser Gemeinde spricht, die dieses Vierteljahrhundert tapfer ertragen hat.
[...]
Ich erinnere ihn immer wieder daran (eigentlich weiß er das auch), dass es der liebe Gott doch recht gut mit ihm meint und er sich so aufführen soll, dass der liebe Gott seine Meinung nicht ändert.
Jetzt jedenfalls genießen wir beide unsere Zeit inmitten einer herrlichen Gegend und - was noch viel
wichtiger ist - inmitten so vieler freundlicher und liebenswürdiger Menschen.
Mit fröhlichem Gebell, Ihr stolzer Neukrimmler Mixdackel Moses"

(aus: Pfarrbrief 2/2018)

Keine Kommentare: