Ich liebe dich wegen deiner Schwächen
Wir wollen alle glücklich sein, oder? Warum fällt es uns aber so schwer, dieses Glück zu finden? Warum verlieren wir den Glückszustand so schnell wieder und fühlen uns nachher oft leer und enttäuscht?
Ich denke, ein Grundproblem unserer Zeit ist, dass wir
zu viel erwarten. Das fängt bei den Erwartungen an uns selber an: Wir sollten schlagfertig, sportlich, lustig, erfolgreich, intelligent, gut drauf und schön sein. Und dann erwarte ich natürlich das Gleiche auch von meinen Mitmenschen, besonders von meinem Ehemann, meiner Ehefrau. Sie oder er soll all das bieten und mich dazu noch glücklich machen.
Aber ist das nicht eine Überforderung? Mache ich den Anderen dadurch zu meinem persönlichen Erlöser, stelle ich ihn an die Stelle Gottes? Daran kann ein Mensch nur scheitern und eine Beziehung nur zerbrechen.
Kein Mensch kann einen anderen erlösen und vollkommenes Glück schenken.
Was tun? Wir können gemeinsam auf dem Lebensweg unterwegs sein. Wir können miteinander und füreinander kämpfen, anstatt gegeneinander. Wir können dankbar sein für die vielen schönen Momente und wenn es schwer ist, versuchen durchzuhalten. Wir können die Fehler des anderen annehmen und gütig sein.
Vielleicht ist dies einer der höchsten Stufen der menschlichen Liebe, wenn wir sagen können: "
Ich liebe dich nicht wegen deiner Stärken, ich liebe dich wegen deiner Schwächen".
Und wie in der Liebe ist es im ganzen Leben. Wenn wir locker lassen können, unser Leben entspannt angehen, unsere Erwartungen und Ansprüche zurück schrauben, wenn wir das schaffen,
dann werden wir frei. Und Freiheit schenkt Zufriedenheit und Zufriedenheit schenkt uns ein tiefes Glück.
Wir verlieren dann "die Furcht, wir könnten das eigene Leben verpassen, wenn wir nicht alles an uns reißen, was Leben verspricht" (Papst Benedikt/XVI.).
Dann versuchen wir nicht mehr uns das Leben (die Lebendigkeit) selbst zu machen, sondern lassen sie uns von Gott schenken. So ist es auch mit dem Glück:
Wenn wir aufhören danach zu streben, dann kann es uns geschenkt werden. Ein selbst gemachtes Glück ist kein echtes Glück. Glück kann uns nur geschenkt werden.
Vater, schenke es uns aus deinen Händen!
(aus: Pfarrbrief 1/2018)